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Wie tritt der Staat dem Rechtsextremismus gegenüber?


Ziel dieses Textes ist, die Auseinandersetzung des Staates mit der Problematik des Rechtsextremismus herauszustellen. Dabei beziehen wir uns auf zwei Bereiche. Der Staat tritt dem Rechtsextremismus auf zwei Ebenen gegenüber. Die erste Ebene ist im Grundgesetz verankert und damit sind ihre Bestimmungen vorstaatlich. Dieser Aspekt wird häufig als wehrhafte Demokratie tituliert. Die Artikel eins bis neunzehn sind vorstaatlich, also ist der Wesensgehalt dieser Artikel unveränderlich. Das Grundgesetz ist in sich wehrhaft konstruiert. Nach Artikel eins, Absatz drei, ist das Grundgesetz die Grundlage für den Staat. "Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtssprechung als unmittelbar geltendes Recht." Einen weiteren Schutz gegen Bewegungen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung bedrohen, bietet Artikel neun, Absatz zwei. Darin werden Vereinigungen verboten, "deren Zwecke oder deren Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten ...". Besondere Bedeutung in diesem Zusammenhang hat auch der Artikel 18 GG (Verwirkung von Grundrechten). Er legt fest, wann und wie dem Einzelnen Grundrechte aberkannt werden können. Sie dürfen nur beschnitten werden, wenn die Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung missbraucht werden.

In diesem Fall kann das Bundesverfassungsgericht Grundrechte aberkennen. Dieser Schutzmechanismus soll den Verfassungsgegnern die Schlupflöcher der Grundrechte schließen.

Die Unveränderlichkeit der Grundrechte und des Wesensgehaltes der Grundrechte garantiert Artikel 19 (Einschränkung von Grundrechten, Wesensgehalts-, Rechtswegsgarantie). So heißt es im Absatz 2: "In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.". Mit Absatz 3 wird die Möglichkeit garantiert, den Rechtsweg zu gehen, wenn jemand in seinem Grundrecht verletzt worden ist. Mit dem Artikel soll verhindert werden, dass die Grundrechte außer Kraft gesetzt werden können. Im Artikel 21, Absatz zwei, wird das Parteienverbot für jene Parteien, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedrohen, manifestiert.

Mit den genannten Artikeln wurde eine nahezu unüberwindbare Barriere für Extremisten installiert, die die freiheitlich demokratische Grundordnung schützen soll. Natürlich ist uns das Problem der doppelten Verfassung bekannt. Im Allgemeinen herrscht bei uns Verfassungspatriotismus, aber in der Frage der aktiven Bürgergesellschaft wird auch viel Kritik geübt.

Die zweite Ebene nehmen die Maßnahmen des Staates ein. Es werden Organe und Institutionen geschaffen, die extremistischen Strömungen gegenüber stehen. Zum Beispiel die Polizei. Ein wesentliches Aufgabenfeld ist die Verfolgung strafrechtlich relevanter Teile des Rechtsextremismus und die Abwehr von Gefahren, die sich bei öffentlichen Veranstaltungen, wie z.B. bei Parteitagen, Demonstrationen oder bei Skinheadkonzerten ergeben können.

Ein weiteres Konfliktfeld stellen die rechtsextremistisch motivierten Straftaten dar. Die Polizei kann jedoch nur ermitteln, wenn ein hinreichender Verdacht auf eine Straftat vorliegt, also ein Verstoß gegen geltendes Recht vermutet oder festgestellt wird. Nach einigen spektakulären Misserfolgen der Polizei und um dem Rechtsextremismus besser zu kontrollieren, wurden in vielen Bundesländern Sonderkommissionen eingesetzt, die sich mit politisch motivierten Straftaten auseinander setzen. Um eine weitere Verbesserung der Verfolgung von rechtextremistisch motivierten Straftaten zu gewährleisten, kommt es zu einer, aufgrund des Trennungsgebotes dieser beiden Organe nicht ganz unproblematischen, Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz. Der Verfassungsschutz und die Polizei sollten eigentlich laut des Trennungsgebotes nur in Einzelfällen kooperieren.

Für die Beobachtung der rechtsextremen Szene ist der Verfassungsschutz zuständig. Der Verfassungsschutz ist für das Sammeln und Auswerten von Informationen verantwortlich. Er beobachtet alle extremistischen Aktivitäten. Insbesondere jene, die sich konkret gegen die demokratische Grundordnung in Deutschland richten. Er ist auch für die Beobachtung von linksextremistischen und islamistischen Gruppierungen zuständig. Jedoch wird dem Rechtsextremismus aufgrund der geschichtlichen Entwicklung Deutschlands eine besondere Rolle zugeordnet.

Eine weitere Aufgabe des Verfassungsschutzes ist die Aufklärung durch Publikationen, das Bereitstellen von Referenten und Material zur politischen Bildung. Dazu kommen seit Beginn der 90er Jahre öffentliche Stellungnahmen und Pressearbeit. Ein Beispiel sind die jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichte mit aktuellen Ergebnissen und Analysen. Der Verfassungsschutz knüpft häufig an die Arbeit der Polizei an und unterstützt sie. Der Verfassungsschutz beobachtet die rechtsextreme Szene, wofür natürlich eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei nötig ist. Häufig sind die Verfolgung von Straftaten und die Aufklärung von rechtsextremen Strukturen eng miteinander verknüpft. Der Verfassungsschutz hat keine polizeilichen Befugnisse. Er darf zum Beispiel keine Personen festhalten. Aber er kann natürlich der Polizei seine Daten zur Verfügung stellen, um beobachtete Straftaten zu verfolgen. Durch diese enge Verzahnung ist das Trennungsgebot zwischen Verfassungsschutz und polizeilichem Staatsschutz teilweise übergangen worden.

Die dritte Institution, die auf dieser Ebene agiert, wird gemeinhin als politische Justiz bezeichnet. Im Bereich der Justiz kann der Staat seinem Gewaltmonopol unmittelbar Geltung verschaffen und den Rechtsextremismus unter Druck setzen. Die deutsche Justiz stellt das öffentliche Zeigen von NS-verwandten Symbolen unter Strafe und gibt die Grenzen der politischen Meinungsäußerung vor, um eine Verherrlichung des Nationalsozialismus zu verhindern. Eine hervorgehobene Rolle spielen in diesem Zusammenhang Propaganda- und Gesinnungsdelikte in der Arbeit der Justiz. Diese Aktivitäten sollen vor allem die Handlungsfähigkeit demonstrieren und den Nationalsozialismus verurteilen und ächten. Diese drei auf einer Ebene agierenden staatlich repressiven Institutionen reagieren auf Bestrebungen, die sich gegen die freie demokratische Grundordnung richten oder in der Tradition des Nationalsozialismus stehen. So wurden zahlreiche Verbotsverfahren auf Basis des Vereinsrechts mit Informationen des Verfassungsschutzes und der Polizei begründet. Eine weitere Möglichkeit ist die politische Auseinandersetzung mit extremistischen Strömungen wie dem Rechtsextremismus. Dazu sind besonders die Parteien mit ihrer meinungsbildenden Funktion und die Medien in der Lage. Die politische Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gewinnt inner- wie interparteilich immer größere Bedeutung, da der Rechtsextremismus auch zu einem negativen Standortfaktor für ausländische Investoren avancierte. Auch das spektakuläre öffentliche Auftreten von rechtsextremen Organisationen hat den Widerstand der Öffentlichkeit hervorgerufen und so die Parteien zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema gezwungen. Ein aktuelles Beispiel ist der Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auf Verbot der NPD. Dieses erst zweimal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erfolgreiche Verfahren kam nur auf massiven Druck der Öffentlichkeit und insbesondere der Medien zustande. Neben Repressionen werden auch immer mehr präventive Maßnahmen vor allem zur Aufklärung diskutiert. Es werden soziale und pädagogische Initiativen und deren Vernetzung gefördert. Sie umfassen in besonderem Maße auch Non-Government-Organisationen, also zivilgesellschaftliche Initiativen. Alle diese Konzepte, Organisationen und Institutionen bilden die wichtigsten Bestandteile der wehrhaften Demokratie.